Treibe mich rum, da, wo ich aufgewachsen bin. Niemand fragt mich direkt nach meiner Krankheit, obwohl es anscheinend mehr oder weniger alle wissen, nicht immer im Detail, aber irgendwie hat jeder gehört, dass ich krank sei. Und praktisch jeder meint NACH einem Gespräch mit mir, nein, ich bin nicht krank. Und natürlich sagt man das nicht mir ins Gesicht. Was erwartet man denn von mir? Gejammer? Als ob ich (oder sonst jemand) Lust hätte, auf einem Fest über mein Krustentierchen her zu ziehen. Ich treffe auch eine Jugendliebe, und zweifelsohne haben wir es sehr, sehr lustig. Wir lügen uns gegenseitig mit einem Augenzwinckern die Hucke voll, und doch scheint mir, als ob wir – immer noch – voneinander wissen, wie es der andere meint.
Bei der anschliessenden Autofahrt zum Fughafen scheint es mir wie ein Schlag ins Gesicht. Die Zeit damals, und wie ich jetzt lebe, leben muss. Ich sehe die Strasse nicht immer ganz klar vor mir….
Hin und wieder fragt man mich auch, wie es mir „wirklich“ geht. Und es geht mir körperlich gut. Die paar Bebelie nach der Chemo sind zu ertragen.
Doch manchmal, vereinzelt mache ich mir Sorgen. Ob ich den Verstand verliere. Wie ich mich verhalte, hat je länger je weniger etwas damit zu tun, wie ich mich fühle.
Es gibt auch liebe Kollegen, welche mir Luxussorgen „vorwerfen“, wenn ich davon erzähle, oder schreibe, dass ich nicht weiss, wohin ich das nächste Mal auf Reisen gehen soll. Ich sehe dies mehr als flankierende Massnahme. Es mach mir schlichtweg mehr Spass, länger darüber nachzudenken, wohin ich verreisen soll, und nicht, mir immer wieder ausmalen, wie es mit mir zu Ende gehen könnte. Selbstverständlich stimme ich den Luxussorgen zu!
In ein paar Tagen steht wieder Chemo an. Wenn mich die Wut und Verzweiflung überkommt beschimpfe ich in Gedanken sogar Onki. Ob es einsam ist auf seinem Elfenbeinturm, wo er hoch oben sitzt und runter schaut, auf so Kraturen wie mich, die ihr Leben nicht im Griff haben und vor sich hin jammern? Aber vermutlich tue ich ihm wohl Unrecht damit. Nur, irgendwo muss der Frust raus. Er darf es nur nicht zur falschen Zeit.