Jetzt geht es ein bisschen ans Organisieren. Termin bei Onki steht schon. Muss ich nochmals mit ihm reden, fragen, klären, über dies und das. Irgendwie kann ich es mir noch gar nicht vorstellen, neuer Arzt, neue Chemodamen, oder was auch immer. In vier Jahren haben wir uns kennen gelernt. geplauscht, gelacht, gestritten, (ich) manchmal auch geweint, und jetzt alles bei neuen Leuten? Da würde ich fast noch lieber irgendwo hinziehen, wo ich niemanden kenne und mir einen neuen Bekanntenkreis aufbauen. Die Beziehung zum Onkologen ist Match entscheident, habe ich auch mal irgendwo gelesen. Nach vier Jahren sage ich aus Überzeugung, ja, dass ist sie.
So versuche ich mich an eine Regel der Navy Seals zu erinnern, sich kleine Schritte vorzunehmen, damit man das Grosse irgendwann schafft. Also zuallererst mal versuchen, mit dem neuen Arzt klar zu kommen. Bin ich für ihn Nummer X als Versuchskaninchen werde ich Krallen zeigen oder nett sein, je nachdem, werde ich wohl situativ entscheiden (müssen), weiss ja noch nicht, welchem Menschen ich da gegenüber sitze. Andererseits muss, oder kann ich sagen, bis auf meine widerborstige Anästhesiestin hatte ich es mit all meine Ärzten gut, auch wenn gerade an der Lunge rumgestochert wurde, der Schlauch gespitzt war für die Magenspiegelung, mir die Bestrahlung ein Teil meiner Haut aussehen lies wie von Hannibal Lecter bearbeitet. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass ich mich mit meinem neuen Arzt nicht auch gut verstehen kann. Ein Onki wird er nie werden, ganz einfach, weil ich nur einen Onki habe und hatte. Vermutlich, wenn es soweit ist, wird er mein MPi, nein, nicht eine Maschinenpistole, dass an mir erprobte Mittelchen heisst MP0274. (Sollte es mir Sorgen machen, dass man noch nicht mal einen Namen für meine neues Globuli hat? Oder wird es erst getauft, wenn es auf dem Markt zugelassen ist?)
Und ich werde meine kleinen Wohlfühlinselchen pflegen und hegen. Die Leute, bei denen ich immer reinschneien kann, auch mitten in der Nacht anrufen kann, welche immer für mich da sind, bei denen man sich einfach wohl fühlt, weil man weiss, sie sind ehrlich, sie heucheln nicht, und vielleicht, vielleicht verstehen sie mich sogar von Zeit zu Zeit. Ja, diese Leute werden immer wichtiger, stelle ich fest.
Ich kümmere mich nicht um irgendwelche Zahlen, wieviele Leute pro Jahr an Depressionen erkranken, (einzig um mir einzureden, vielleicht habe ich auch Depressionen, wenn es schon so verbreitet ist – wie mir überraschenderweise eine Kollegin kürzlich ihre Gedankengänge erklärt hat), über Gewalt in Beziehungen (hatte ich nie, brauch ich nicht, und kann ich irgendwie nicht nachvollziehen, dass man bei Partnern bleibt, die gewalttätig sind, psychisch oder physisch), über Schlägereien auf der Strasse (so wie ich gelesen habe sind es zu 80% Bekannte, wenn auch flüchtige, die handgreiflich werden), nein dass „Elend“ dieser Welt lasse ich nicht an mich heran. Kann ich es ändern? Nein. Beruhigt es mich? Nein.
Da kann ich gut damit leben wenn mir jemand sagt, ich sehe die Welt zu positiv.
Ich glaube, irgendwie stimmt untenstehendes:
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf diene Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.